Vergleich 120 mm Apo Skywatcher Esprit versus 8“ und 6“ Newton                            11.10.2021

  







                                                                                       








                                                                                               Intention

Obwohl ich schon zig Teleskope verkauft habe, so ist mein Teleskoppark dennoch zu groß. So habe ich in den letzten Jahren, wo meine astronomischen Aktivitäten eh selten waren, eigentlich nur 2 Fernrohre verwendet: die beiden Skywatcher Apos namens Esprits 80 +120 mm, obwohl ich noch 4 weitere Spiegelteleskope besitze. Insbesondere wusste ich nicht, verkaufe ich den Esprit 120, der mittlerweile 3.500 € kostet, oder den 8“ Orion UK Newton, der keine Scherbe als Spiegel besitzt. Diesen habe ich mit einem Carbontubus geupgradet, so dass dieser einen Neuwert von knapp 1.600 € besitzt. Ich konnte mich nicht entscheiden. Zwar bin ich überzeugter Apoliebhaber, aber ich erwarte natürlich, dass beim sicherlich unfairen Vergleich 4,7“ Apo versus 8“ Newton letzterer seinen Konkurrenten an die Wand klatscht. Im Netz kann man keine Entscheidungshilfe finden, denn dort tobt ein Religionskrieg zwischen Refraktoren und Spiegelteleskopen. Also gab es nur eins: in einer frischen Herbstnacht 3h in den Garten. Dort wurden beide Geräte nacheinander auf einer Skywatcher AZ-EQ6 Montierung getestet, schließlich bin ich Selbstdenker, der sich nicht die Meinungen vorsetzen lässt.



                                                                                                Testobjekt Jupiter

Mit knapp 26° Höhe vom Seeing kritisch, aber für hohe Vergrößerungen alternativlos, da der Mond am 9.10.2021 noch eine schmale Sichel darstellte und ein zu einfaches Objekt ist. Den Anfang machte der Orion UK 8“. Ein sehr unruhiges Bild bei 200 und 133 facher Vergrößerung mit orthoskopischen Okkularen von Baader zeigte die Äquatorialwolkenbänder kurzzeitig deutlich, eins davon rostbraun und recht breit. Das 2. Band war gräulich und hatte weiße Ränder. Zwischen den beiden Bändern deuteten sich eine graue, grobe Fläche mit Strukturen an, die man aber nur erahnen konnte. Immer nur kurzzeitig zeigten sich diese Details, weshalb diese Beobachtung anstrengend war.


Dann wurde der 2 kg schwerere 120er Apo auf die Montierung gehievt und wieder Jupiter anvisiert. Sofort fiel auf, das Bild war erheblich ruhiger, obwohl der Aluminiumtubus alles andere als isolierend wirkte gegenüber dem Carbonmantel beim Newton. Sicherlich muss das Licht beim Apo nur einmal den Tubus durchlaufen, beim Newton zweifach, so dass hier Tubussseeing besonders deutlich wird. Andererseits müsste in einem ausgekühlten Rohr mit Isolierung weitgehend Ruhe herrschen, Wärmeströmungen dürften kaum existieren.

Eine sehr gute Optik mit einem Strehl von 0,96 wie man Apo wird deutlich besser mit Luftunruhe fertig als erheblich schlechtere Optiken. Hoher Strehl bedeutet, das Licht kann besser im Beugungsscheibchen gebündelt werden, weswegen das Bild deutlich ruhiger ist. Zwar ist der Spiegel beugungsbegrenzt, aber die 30 % Obstruktion reduzieren den EER (bei obstruierten Systemen spricht man von EER, nicht von Strehl) deutlich unter beugungsbegrenzt. Ein System mit 35 % Obstruktion und einem absolut fehlerfreien Spiegel (Strehl = 100 %) kann daher niemals beugungsbegrenzt sein! Kann man in dem legendären Bericht „Klassische Optikmythen“ nachlesen.

Natürlich ist mir klar, je größer der Durchmesser, desto mehr spricht die Optik auf schlechtes atmosphärisches Seeing an. Andererseits löst der Apo nach dem Dawes-Kriterium mit 0,975“ auf (117 / Öffnung in mm), so dass dieser eigentlich auch schon recht empfindlich reagiert. Nach dem Rayleigh-Kriterium, dass eine klare Trennung erfordert statt einen ovalen Stern als Nachweis, wären es 138 / Öffnung in mm, hier also 1,15“. Hier musste noch am nächsten Abend geforscht werden, indem ich einen 150/900 Newton gegen den Apo antreten ließ. Beide Geräte liegen nun leistungsmäßig eng beisammen. 1,3“ mehr Öffnung beim Newton, aber durch die Obstruktion 0,6“ weniger Kontrastumfang. Natürlich war das Bild beim Apo um etwa den Faktor 2,6 dunkler gegenüber dem Achtzoller, auch ein wesentlicher Grund, warum man die dunkelgrauen Strukturen zwischen den beiden Äquatorialbändern nicht sehen konnte.


Neben dem viel ruhigeren, konstanteren Bild beim Apo fiel auch die erheblich größere Schärfe der Wolkenbänder auf. Beim rotbraunen Äquatorialband stachen die nicht glatten, eher ausgefransten Ränder hervor. Die Beobachtung war wesentlich erholsamer, das Bild deutlich konstanter, leichter zu interpretieren, definierter. Allerdings deuten sich zwischen den beiden Bändern keine Einzelheiten wie beim Newton an, der Apo zeigte etwas weniger Details. Natürlich kein Wunder bei diesen sehr unterschiedlichen, unfairen Durchmessern. Ein 6“ Newton wäre gerechter gewesen.


Ich war doch sehr überrascht, weswegen ich zum Schluss nochmals den Newton verwendete, dessen Ergebnisse auch diesmal reproduzierbar waren, sprich meine Beobachtungen in Sachen Unruhe, Details und nicht perfekte Schärfe bestätigten. Insbesondere fiel wieder auf, das Einblickverhalten beim Refraktor ist wesentlich entspannender, eine Leiter generell unnötig, ebenso ein Drehen des Tubus. Und natürlich musste vorher der Newton kurz justiert werden, beim Refraktor dagegen kann man sofort loslegen. Ebenso auffällig war beim Apo die Ästhetik des Bildes, Sterne wirken sehr fein, zart. Für mich stand schon in der 1. Nacht fest, den Apo behalte ich.



                                                                                    Esprit 120 versus GSO 150/900

Hatte der 8“ noch 25 % Obstruktion, so sind es nun beim 6“ GSO 30 %, immerhin noch deutlich weniger als bei Schmidt-Cassegrains, Cassegrains, Maksutovs und Ritchey-Chretiens. Beide Newtons waren f/6er, weil dieses moderate Öffnungsverhältnis stressfrei ist: bei preiswerten Okularen wie Plössl, Erfle, in Sachen thermischer Ausdehnung und Nachfokussierung (mehr Toleranz vorhanden), weniger Koma, einfachere Fokussierung, weniger Obstruktion durch kleinere Fangspiegel, bessere Ausleuchtung, bessere Kompensation gegen die Folgen einer Verkippung. Die folgende Nacht (10.10.2021) war vom Seeing besser, allerdings sehr feucht. Bei nur 26 Grad Objekthöhe kann man kein gutes Seeing erwarten, physikalisch völlig unmöglich. Ich fing beim Jupiter mit dem GSO Newton an. Das Bild war erheblich ruhiger als beim 8“ in der Nacht zuvor. Das breite rostbraune Äquatorialband wurde ziemlich gut gezeigt, allerdings ohne die ausgefransten Ränder. Da fehlte Schärfe, um weitere Details erkennen zu können. Das andere Band am Äquator wirkte nur angedeutet, die angrenzenden schmalen weißen Streifen konnte man bestenfalls nur erahnen bei 150 facher Vergrößerung (OR 6 mm). Ein OR 4 mm brachte nichts, die Bildqualität ließ deutlich nach. Die grauen Strukturen zwischen den Äquatorialbändern konnte man nicht sehen, die der Achtzoller noch andeutete.


Der Apo brachte diese Details deutlich schärfer und kontrastreicher, so mühelos. Man sah die ausgefransten Ränder des braunen Äquatorialbandes. Sogar ein darauf sitzender roter Punkt war sichtbar. Der andere Gürtel am Äquator war deutlicher sichtbar, man konnte ziemlich gut die angrenzenden weißen Streifen erkennen aufgrund eines besseren Kontrasts, klarere Abgrenzung. Das Bild wirkte ruhiger, konstanter. Man konnte die Details besser definieren. Beim Newton habe ich immer den Eindruck, dieser quält sich bei den Details ab, während der Apo in der gleichen Preisklasse deutlich weniger zeigt, diese jedoch lässiger, ruhiger, klar definierter, schon fast dekadent einem präsentiert. Beim Einsatz des OR 4 mm Okulars, was beim Apo 210 fache Vergrößerung bedeutete, beim Newton 225 fache, ergaben sich keine zusätzlichen Einzelheiten, aber das Bild blieb fast konstant scharf, ging nicht so deutlich in die Knie wie beim Newton, wo sich die Obstruktion nun besonders rächt.


Fazit: Bei ungefähr gleicher Größe, sogar bei einem Vorteil von 1,3 Zoll beim Newton deklassiert ein guter Apo diesen locker. Die Schärfe, Konstanz, Definition und die Ruhe des Bildes sind konkurrenzlos. Allerdings bekommt man für das gleiche Geld einen viel größeren Newton. Kostet der Esprit 120 mit 4,7 Zoll Durchmesser momentan etwa 3.500 €, bekommt man dafür mindestens einen Dobson (Newton) mit 16“, der von den Details den 120er Apo (selbst einen unbezahlbaren 200er Apo) an die Wand klatscht. Allerdings muss man erst einmal so eine Nacht haben, die so eine Leistung erlaubt. Beim Achtzoller in der 1. Nacht haben wir ja schon erlebt, das Mehr an Leistung war nur in kurzen Momenten abrufbar, was keinen Spaß machte, anstrengend war, es kostet viel Konzentration. Zweitens muss man zwischen Quantität und Qualität unterscheiden. Im 1. Fall wird der deutlich größere Newton locker siegen. Aber ist Quantität alles? Ich persönlich priorisiere Qualität, nämlich wenn durch Schärfe und Bildruhe die zwar weniger vorhandenen Details wesentlich deutlicher, definierter, lässiger rübergebracht werden. Apochromatischer Refraktor versus Reflektor - es wird ein ewiger Religionskrieg bleiben!