Astrokamera QHY10/ALCCD10

 

Ich habe mir diese Farbkamera Anfang Dezember 2013 gekauft, um deutlich weniger Bearbeitungsaufwand zu haben. Diese Kameras mit Bayermatrix sind etwas verrufen, da sie eine theoretisch geringere Auflösung gegenüber Monochromkameras haben und mit Schmalbandfiltern eingeschränkt Sinn machen. So würde ein Ha Filter bei 10 Megapixeln nur 2.5 MP belichten. Mit der geringeren Auflösung ohne Schmalbandfilter relativiert sich oft, denn wenn ich genug Brennweite habe, ausreichend Öffnung vorausgesetzt, kann ich auch einen Bayersensor voll ausreizen. So erreicht ein 200/1000 Teleskop mit einer eher moderaten EOS 1100 Farbkamera schon 2,15" Auflösung. Wenn Sie diese gute Auflösung beim meistens bescheidenen Seeing in Großteilen von Europa schaffen, können Sie Hurrah schreien!  Und was nutzt mir bei SW Kameras eine rechnerische Auflösung von z.B. einer Bogensekunde, die ich nur in der Atakama Wüste oder La Palma, Namibia, sprich an ganz wenigen Stellen der Welt erreichen kann? Das Argument mit den Schmalbandfiltern bei Monochromkameras ist ein zweischneidiges Schwert, denn wenn ich für jede Farbe so einen Filter verwende, dann bekomme ich keine natürlichen Farben mehr, denn nur 36 nm Farbbandbreite statt 250 nm stehen zur Verfügung bei 12 nm Filtern, da fehlen große Farbbereiche, bzw. können gar nicht richtig dargestellt werden! Dass man damit mehr Details rauskitzeln kann, muss man auch teuer bezahlen!

Farblich ganz grotesk wird es bei der Bicolortechnik und der Hubblepalette. Sicherlich kann ich mit solchen Schmalbandfiltern viele Details herauskitzeln und auch sich etwas gegen die Lichtverschmutzung wehren, aber zu welchem Preis? Da diese nur einen kleinen Spektralbereich durchlassen, somit wenig Licht, steigt das  Rauschen des Sensors. Dagegen hilft dann nur noch besonders lange belichten, paar Sommernächte sollte man dann sich dafür reservieren pro Objekt!

                                           

                                            Die QHY10 mit der externen Spannungsversorgungsbox

Ebenfalls kommen immer wieder die Mythern auf, wie so oft in der Amateurastronomie, so ein Monochromsensor sei viel empfindlicher als die Farbversion, da jedes Pixel auf dem ersteren Sensor nur eine Farbe sammelt, folglich große Flächen mit nur einer Farbe bestehen. Was vergessen wird, um farbige Bilder zu erhalten, nutzt dies nicht, denn dann müssen mindestens drei Bilder mit dem Monochromsensor gemacht werden, nämlich in den Farben rot, grün und blau. Beim LRG Verfahren auch noch eine Luminanzaufnahme, womit selbst schon beim RGB Verfahren die Vorteile dahinschwinden. Ok, der Monochromsensor erlaubt sinnvolles Binning, wo z.B. beim 2x2 Binning 4 Pixel zu einem zusammengefasst werden. Die Empfindlichkeit kann extrem dadurch gesteigert werden,solange der Grenzwert, der sich die die Fullwellkapazität ergibt, nicht überschritten wird. Aber aus einem z. B. 8  wird dann ein 2 Megapixelsensor. Sie sehen, sehr geehrte Leser, wie quasi immer in der Astronomie, werden Vorteile durch gravierende Nachteile erkauft!

Ein weiterer Mythos lautet, je größer so ein Pixel ist, desto empfindlicher ist es, man braucht folglich weniger belichten. Falsch! Richtig ist, je größer so ein Pixel ist, desto mehr Licht kann es pro Zeiteinheit sammeln, aber mit der Fläche steigt auch die Fullwellkapazität! Letztere Größe gibt an, wieviel Elektronen maximal gesammelt werden können, bis so ein Pixel gesättigt ist, sprich die maximale Helligkeit auftritt. Das ist wie mit einer großen und einer kleinen Badewanne, die man draußen im Regen aufstellt. Die große kann zwar mehr Regenwasser pro Sekunde sammeln, nimmt aber auch viel mehr auf, weshalb sie nicht früher voll ist als die kleine Wanne. Dennoch lohnen sich große Pixel, wenn genug Brennweite vorhanden ist, andernfalls bei zu wenig hat man dann Undersampling, was eckige Sterne ergibt. Je größer nämlich die Fläche eines Pixels, desto größer wird auch der Störspannungsabstand, es entsteht also weniger Rauschen. Bei dpreview gab es mal ein beeindruckendes Video. Canon hat einen Vollfarmatsensor mit nur 2 Megapixel in eine Videokamera eingebaut und damit nachts Feuerfliegen gefilmt, Rauschen sah man überhaupt nicht!!

So, nach den Basics zurück zur QHY10. 2600 € für eine 10 Megapixel Farb CCD sind schon happig, besonders wenn der Sensor ein Oldie ist!  Das Rauschen des Sony ICX493 Sensors, ein Oldtimer aus den Jahren 2005, auch verbaut in der Nikon D200, der Sony A100 und der Pentax K10D,  ist deutlich besser als bei der Atik 383, dennoch kann man leider nicht auf Darks verzichten, da ein Verschluss fehlt, und durch das two frame readout Farbgradienten entstehen können. Diesen Effekt bekommt man aber mit Darks rückstandlos weg! Auch die sehr wenigen Hotpixel des Sonysensors deklassieren den Kodak 8300. Dabei sind diese drei eben aufgeführten Kameras im Highisobereich alles andere als Rauschkünstler, aber die Kühlung läßt den Sonysensor zu einer deutlich besseren Leistung aufsteigen als den Kodak. Insgesamt bin ich mit der Kamera sehr zufrieden, erreiche ich doch in kurzer Bearbeitungszeit tolle Aufnahmen, wo ich bei der monochromen Atik 383 L+ Klimmzüge machen musste, was normal ist bei den Monochromversionen!

Der Sensor besitzt ein Antiblooming Gate,so dass überbelichtete Sterne sich nicht aufblähen können oder Streifen bilden. Die Quanteneffizienz ist mit 45.000 Elektronen gut, bei einem Pixeldurchmesser von 6,05 um aber erwartungsgemäß. Das Ausleserauschen liegt bei 7-8 Elektronen, so dass man im worst case einen Dynamikumfang von 45000/8 = 5625, was rund 12.5 Bit entsprechen.Ein 14 Bit AD Wandler einer DSLR würde diesen Dynamikumfang spielend bewältigen, ein 16 Bit AD Wandler in der Werbung anzugeben ist also nur ein Täuschungsmanöver. Sicherlich ist der Quantisierungsfehler etwas kleiner, aber das sieht man garantiert nicht!

Sehr schön sind die Maße dieser zylinderförmigen Kamera: 63 mm Durchmesser und 129 mm Länge. Insbesondere der Durchmesser dürfte für Hyperstarsysteme sehr gut geeignet sein, beläßtalso die Obstruktion auf moderate Werte. Auch ist diese Astrokamera mit 400 g ein Leichtgewicht, da verkippen selbst einfache Auszüge wie die Crayfords nicht!  

Die zweistufige Kühlung erreicht mindestens eine Absenkung der Chiptemperatur von 45 Grad unter Umgebungstemperatur, mein Rekord lag sogar bei 48 Grad. Allerdings ist die Regelkurve der Temperatur abenteuerlich, es dauert, bis die eingestellte Temperatur erreicht wird, da die Kurve erst einmal um paar Grad über das Ziel hinaus schießt und sich dann in großen Bögen der Solltemperatur nähert. Hier sollte man den Regelungsalgorythmus in der Firmware deutlich optimieren, eine differenzierende Komponente könnte da erheblich helfen. Apropos Software: Astrolumina ist auf EZCAP umgestiegen, liegt Stand Dezember 2013 in der Version 3.13 vor. Somit müsste diese Applikationssoftware schon paar Jahre alt sein, wogegen die Ausgereiftheit spricht. Man kann die SW nur über das Kreuz rechts oben am Fenster beenden, womit aber die Einstellungen nicht gespeichert werden. Ansonsten ist EZCAP mit fast allem ausgestattet, was man braucht. Vom Histogramm über Fokushilfe (FWHM), Preview, alles an Board und weitgehend übersichtlich und selbsterklärend. Wenn diese Software mal ausgereift ist, hat man etwas ganz Feines und Einfaches.

Weniger vertrauenserweckend ist eine schriftliche beiliegende Warnung, die Kamera in einer bestimmten Reihenfolge mit dem Strom zu verbinden und zu trennen, da in bestimmten Fällen (12V zwischen Laptop Masse und der 12 V Versorgung, die man aber immer hat, oder meinen die etwas anderes? ) die Gefahr besteht, bestimmte Bausteine zu zerstören. Hier hätte man besser hardwaremäßige Vorsichtsmaßnahmen treffen sollen, statt dem weit nach Mitternacht übermüdeten Astrofotographen Topleistung aufzuzwingen! Diesbezüglich sind die Atik Kameras erheblich ausgereifter!

Wenn man die Kamera kauft, liegen nur englischsprachige Manuals bei, die aber die QHY10 nicht kennen, da aus dem Jahr 2010... Man muss schon bei Astrolumina nachfragen, die einem sofort eine deutsche Anleitung zumailen und auch sonst durch hochkompetenten und schnellen Support glänzen. Laut Astrolumina will man durch die fehlende deutsche Anleitung angeblich Grauimporte bekämpfen, weswegen man die Seriennummer der Kamera nennen muss.

Ein Witz ist es auch, eine anschraubbare Trockenpatrone beizulegen, aber kein Trockenmittel. Die Ausrede von Astrolumina, die trockene Luft in der Kamera würde Jahre ausreichen kann nicht ernst gemeint sein. Irgendwann wird feuchte Luft mal diffundiert sein, und dann treten plötzlich Vereisungen auf. Damit wäre die Nacht beendet, denn bevor die Trockenpatrone wirkt, vergehen 1-2 Tage.

Mit der Bildqualität bin ich sehr zufrieden, geringen Rauschen im gekühlten Zusatnd, was die beiden folgenden Bilder bestätigen::

http://www.scottys-universe.de/Bilder1100/M42_CT10_9x5min_QHY10.jpg

http://scottys-universe.de/Bilder1100/M42_final_14x5min_VX8_QHY10k.jpg

 

Nachtrag 02/2014: QHY hat nun Softwarereleases rausgebracht, Version 3.24, angeblich vom 2.12.2013, was ordentlich funktioniert. Ich frage mich, ob Astrolumina nichts davon wusste beim telefonischen Support. Andererseits war ich im Dezember auf der QHY Seite und hatte da keinen neuen Softwarestand gesehen. Egal, dieses Problem ist gelöst, es bleibt nur noch die Angst, durch falsches Verkabeln die Kamera zu schrotten.... Allerdings hatte ich nach nur zwei  Monaten immer öfter Probleme, die Kamera zum Laufen zu bekommen. Das riecht nach Wackelkontakt. Könnte von der USB Buchse kommen, die zu groß ausgefallen ist, weshalb der Stecker darin sehr locker ist und wackelt, ein bekanntes QHY Problem. Es stellte sich aber heraus, dass meine Konverterbox defekt war und ein Kabelbruch am Ferritkern vorlag, naja, Chinaqualität. Aber innerhalb von knapp einer Woche hatte ich meine Kamera mit neuer Konverterbox zurück, wieder Klasse Service, Astrolumina! Man kündigte sogar an, mir eine Befestigung nachzuschicken, damit die Kabel an der Kamera nicht so locker sitzen und wackeln. QHY liefert wohl neuerdings, Stand Februar 2014, alle neuen Kameras mit dieser besseren mechanischen Lösung aus.

Apropos Konverterbox: In dieser werden aus 12 V Eingangsspannung verschiedene andere Spannungen generiert. Diese Elektronik von der Kamera fernzuhalten, finde ich sehr gut, somit wird keine Wärme in der Nähe des Sensors produziert, und die Peltierelemente verbrauchen weniger Strom dank geringerer Kühlung, und elektromagnetische Felder (EMV) können nicht die doch sehr kleinen analogen Signale am Sensor stören.

 

Nachtrag 03/2015:

QHY entwickelt die ausgelieferten Kameras munter weiter, die damit so langsam Serienreife erlangen. So wurde eine Halterung für das USB und Stromversorgungskabel mir nachträglich zugeschickt, damit die Kabel nicht mehr wackeln und locker sind. Allerdings war die Halterung unbrauchbar, spiegelverkehrt gefertigt, konnte nicht festgeschraubt werden an der Kamera, wenn die Kabel passen sollten. Somit wackeln die Kabel weiter, lösen sich auch leicht aus den Buchsen, weshalb man beim Verlegen der Leitungen über das Teleskop oder Montierung zusehen sollte, dass man eine Art Zugentlastung erreicht. Um diese mißlungene Halterung befestigen zu können, musste die Kamera aufgeschraubt werden. Dabei habe ich mir mal die Elektronik und Verarbeitungsqualität angesehen. Naja, etwas abenteuerlich, wie da paar Drähte in der Kamera quer verlötet sind statt Stecker o.ä. zu verwenden. Wenn nämlich da mal ein Draht sich löst, weiß doch keiner, wo der angelötet werden muss, es sei denn, man hat eine Vergleichskamera. Um einen Distanzbolzen mit Masse zu versorgen, wurde an ihm ein Drähtchen angelötet. Da gibt es sicherlich deutlich bessere Möglichkeiten, etwa große Lötpunkte auf der Platine. Also wenn ich meine Steuergeräte so entwickelt hätte, wäre ich bestimmt schnell Langzeitarbeitsloser geworden!

 

Nachtrag 07/2015,

Obwohl der Händler mir aufgrund eigener Versuche bestätigt hatte, die Kabelhalterung ist tatsächlich spiegelverkehrt, hat er mir 4 Monate später die endgültige Lösung zugeschickt, die sich aber überhaupt nicht unterscheidet von der letzten spiegelverkehrten Version. Diese war verblüffend: Die Montage erlaubte kein Rausziehen der Stecker, die komplette Halterung müsste jedesmal abgeschraubt werden. Dazu habe ich keine Lust, deswegen bleiben die Kabel nun permanent befestigt, auch wenn die Kamera nicht mehr in die Aufbewahrungsbox passt. Allerdings drückte die Zugentlastung so heftig am USB Stecker, daß ich ab und zu Übertragungsprobleme bei der USB Übertragung bekam. Dies bestätigte auch Astrolumina, so daß ich mir eine eigene Zugentlastung gebastelt hatte, bestehend aus einem Gummiband um das Kameragehäuse, wobei die Kabel zwischen Band und Gehäuse fixiert werden.

 

Nachtrag 10/2015

EZCAP, was ich mehrfach durch neuere Versionen ersetzt hatte, QHYentwickelt ja bekanntlich munter weiter, zeigt nach wenigen Stunden (1-2) Instabilitäten. Die Scrollbalken bleiben plötzlich stehen, und wenn man das Programm beenden will, erscheint die Meldung "Invalid pointer operation", und man kann die App nur per Taskmanager killen. Astrolumina gab meinen Netbooks mit Intel Atom Prozessoren und zu wenig Speicher die Schuld, was ich aber widerlegen konnte, denn auch ein 4 Gb Laptop mit i5 Prozessor zeigte die gleichen Phänomene, auch wenn die Kamera bei Astrolumina im Dauertest funktionierte.

So testete ich andere Programme mit der QHY10, etwa Nebulosity (kostet 95 $) und APT, wobei letzteres schon in der Demoversion mehr als brauchbar ist, Nebulosity dagegen nicht durch Wasserzeichen in den abgespeicherten Bildern. Da die APT Vollversion lächerliche 13 € kostet, besitze ich diese natürlich, und diese läuft absolut stabil (auch Nebulosity) mit meiner QHY10. Man benötigt noch den QHY10 Ascomtreiber von der Astroluminaseite, auch wenn dieser einen heftigen Bug hat, den man aber durch Aktivieren der Option "Disable FITS auto-orientation" unter Tools/APT Settings/Advanced umgehen kann. Seitdem laufen die Dauertests stabiler durch mit APT, was ursprünglich für CANON Kameras entwickelt wurde, und ich immer wieder als sehr stabiles Traumtool bezeichnen kann!

Mittlerweile stellte sich heraus, daß die Softwareinstabilitäten hervorgerufen werden durch die Kamera, die Probleme mit Feuchtigkeit hat und dann die Datenübertragung abbricht. Ich lebe hier in einem sehr feuchten Gebiet, halt umgeben von fast endlosen Wäldern, was schon meiner CGE pro den Gnadenstoß verpasst hatte. Sieht man sich die QHY 10 an, bemerkt man, die Elektronik liegt völlig ungeschützt im Gehäuse, die man durch die Luftschlitze sehen kann: Tautropfen können sich auf die elektronischen Komponenten setzen und Kurzschlüsse bilden, bei den Integrierten Schaltungen mit Pinabständen von 0.5 mm ganz leicht möglich:

QHY10 Elektronik, völlig ungeschützt.

 

Ich habe darauf hin mir Plastikspray von Kontaktchemie besorgt und die Elektronik im Abstand von mehreren Stunden mehrfach mit dem Spray cersiegelt, man sieht eine dicke Schicht aus Kuststoff, die die elektronischen Komponenten vor Feuchtigkeit schützt: Es handelt sich dabei um einen Acryllack, durch den man leicht löten kann, sollte mal eine Reparatur angesagt sein.

       

Ich hatte einen 24 h Dauertest auf meinem überdachten Balkon gemacht, als es fast die ganze Zeit geregnet hatte, Luftfeuchtigkeit über 90%. Die Kamera lief zuverlässig durch, ein Novum. Mittlerweile habe ich sie verkauft, weil ich für meinen kleinen Apo kleinere Pixel brauche. Von dem Plastikspray bin ich aber so begeistert, daß ich meine anderen oft ungeschützten Elektroniken, besonders in der AZ-EQ6 damit versiegeln werde. Traurig, daß der Hersteller auf solche Ideen nicht kommt und einem so einen empfindlichen Ramsch andreht!

 

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